Egodokumente und Hexendiskurs in der frühen Neuzeit

Der Fall der Katharina von Henoth in Köln 1627

Nonfiction, History, European General
Cover of the book Egodokumente und Hexendiskurs in der frühen Neuzeit by André Keil, GRIN Verlag
View on Amazon View on AbeBooks View on Kobo View on B.Depository View on eBay View on Walmart
Author: André Keil ISBN: 9783640746019
Publisher: GRIN Verlag Publication: November 10, 2010
Imprint: GRIN Verlag Language: German
Author: André Keil
ISBN: 9783640746019
Publisher: GRIN Verlag
Publication: November 10, 2010
Imprint: GRIN Verlag
Language: German

Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Geschichte Europa - and. Länder - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: 1,3, Freie Universität Berlin (Friedrich-Meinecke-Institut für Geschichtswissenschaften), Veranstaltung: Egodokumente und Geschlechterdiskurs in der Frühen Neuzeit, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Phänomen der Hexenprozesse gehört zweifelsohne zu den Schlüsselmomenten der europäischen frühen Neuzeit. Sie sind ein markanter Punkt der Übergangsphase von mittelalterlicher sozialer Praxis hin zu Praktiken, die uns gemeinhin als 'modern' anmuten. Das betrifft einerseits Praktiken im juridisch-administrativen Komplex andererseits aber auch Praktiken, die die Spannungsfelder von Individuum und sozialem Kollektiv, den Konflikt zwischen zunehmender Privatisierung einzelner Lebensbereiche und öffentlichem Raum sowie die Tradierung und Modernisierung sozialer und geschlechtlicher Rollenbilder bzw. deren politische Aufladung zu Zwecken der sozialen Disziplinierung und Durchsetzung frühstaatlicher Herrschaftspraxis betreffen. Besonders augenfällig ist hierbei, dass das Verbrechen der Hexerei (maleficium) nachweislich ein intellektuelles Konstrukt darstellt, das gerade in ländlichen und strukturell rückständigen Regionen Europas die Funktion eines allgemeinen Erklärungsmusters für Missernten, Epidemien, hohe Kindersterblichkeit und ähnlich existentiell bedrohliche Phänomene darstellte. Die Personifizierung der Existenzangst in Form der Hexe und deren aktive Bekämpfung durch die im Entstehen begriffene staatliche Gewalt scheinen aus moderner Perspektive vieles vorweg zunehmen, was im späten 19. und im ganzen 20. Jahrhundert hindurch durch rassistische und antisemitische Feindbildkonstruktionen soziale Praxis war und ist. Der Brief der der Hexerei angeklagten Katharina Henot aus dem Kölner Gefängnis von 1627 ist Zeugnis der Ohnmacht mit der die Betroffenen der allgemein üblichen Folterpraxis gegenüberstanden. Dieser Brief steht exemplarisch für viele andere erhaltene Dokumente, deren Entstehungskontext vergleichbar ist. Dementsprechend soll bei der Behandlung des Dokuments weniger die Rekonstruktion des konkreten Einzelfalles im Mittelpunkt stehen, als viel mehr die Frage nach den Bedingungen seiner Entstehung. Das bedeutet einerseits, dass die Fragestellung nach der zunehmenden Verschriftlichung und der damit verbundenen Konstruktion neuer 'Refugien der Intimität' berührt wird, aber auch die schleichende Entwicklung des juridisch-administrativen Komplexes hin zu überwachenden, disziplinierenden und strafenden Institutionen, die die vorher weitestgehend vom sozialen Kollektiv ausgeübten Kontroll- und Disziplinierungsfunktionen zunehmend monopolisiert und institutionalisiert. Aber auch die Frage nach der ideologischen Genealogie des Verbrechens der Hexerei.

View on Amazon View on AbeBooks View on Kobo View on B.Depository View on eBay View on Walmart

Studienarbeit aus dem Jahr 2005 im Fachbereich Geschichte Europa - and. Länder - Mittelalter, Frühe Neuzeit, Note: 1,3, Freie Universität Berlin (Friedrich-Meinecke-Institut für Geschichtswissenschaften), Veranstaltung: Egodokumente und Geschlechterdiskurs in der Frühen Neuzeit, Sprache: Deutsch, Abstract: Das Phänomen der Hexenprozesse gehört zweifelsohne zu den Schlüsselmomenten der europäischen frühen Neuzeit. Sie sind ein markanter Punkt der Übergangsphase von mittelalterlicher sozialer Praxis hin zu Praktiken, die uns gemeinhin als 'modern' anmuten. Das betrifft einerseits Praktiken im juridisch-administrativen Komplex andererseits aber auch Praktiken, die die Spannungsfelder von Individuum und sozialem Kollektiv, den Konflikt zwischen zunehmender Privatisierung einzelner Lebensbereiche und öffentlichem Raum sowie die Tradierung und Modernisierung sozialer und geschlechtlicher Rollenbilder bzw. deren politische Aufladung zu Zwecken der sozialen Disziplinierung und Durchsetzung frühstaatlicher Herrschaftspraxis betreffen. Besonders augenfällig ist hierbei, dass das Verbrechen der Hexerei (maleficium) nachweislich ein intellektuelles Konstrukt darstellt, das gerade in ländlichen und strukturell rückständigen Regionen Europas die Funktion eines allgemeinen Erklärungsmusters für Missernten, Epidemien, hohe Kindersterblichkeit und ähnlich existentiell bedrohliche Phänomene darstellte. Die Personifizierung der Existenzangst in Form der Hexe und deren aktive Bekämpfung durch die im Entstehen begriffene staatliche Gewalt scheinen aus moderner Perspektive vieles vorweg zunehmen, was im späten 19. und im ganzen 20. Jahrhundert hindurch durch rassistische und antisemitische Feindbildkonstruktionen soziale Praxis war und ist. Der Brief der der Hexerei angeklagten Katharina Henot aus dem Kölner Gefängnis von 1627 ist Zeugnis der Ohnmacht mit der die Betroffenen der allgemein üblichen Folterpraxis gegenüberstanden. Dieser Brief steht exemplarisch für viele andere erhaltene Dokumente, deren Entstehungskontext vergleichbar ist. Dementsprechend soll bei der Behandlung des Dokuments weniger die Rekonstruktion des konkreten Einzelfalles im Mittelpunkt stehen, als viel mehr die Frage nach den Bedingungen seiner Entstehung. Das bedeutet einerseits, dass die Fragestellung nach der zunehmenden Verschriftlichung und der damit verbundenen Konstruktion neuer 'Refugien der Intimität' berührt wird, aber auch die schleichende Entwicklung des juridisch-administrativen Komplexes hin zu überwachenden, disziplinierenden und strafenden Institutionen, die die vorher weitestgehend vom sozialen Kollektiv ausgeübten Kontroll- und Disziplinierungsfunktionen zunehmend monopolisiert und institutionalisiert. Aber auch die Frage nach der ideologischen Genealogie des Verbrechens der Hexerei.

More books from GRIN Verlag

Cover of the book Der Suizid. Ein Phänomen im Wandel der Zeit by André Keil
Cover of the book Die Übertragung von Eigentum an beweglichen Sachen. Deutsches und niederländisches Recht im Vergleich by André Keil
Cover of the book 'Triple P'. Das positive Erziehungsprogramm by André Keil
Cover of the book Green IT von der Planung bis zur Entsorgung by André Keil
Cover of the book War Peru unter Fujimori ein autoritäres Regime? by André Keil
Cover of the book Factors for the Igbo Leadership Vacuum and The Igbo Vandalization of her Elites using Chinualumogu Achebe's Case As A Case Study by André Keil
Cover of the book Problematik beim internationalen Personaleinsatz by André Keil
Cover of the book Kundenwertorientierte Segmentierung als Baustein der Marktsegmentierung by André Keil
Cover of the book Advanced Nursing Practice - Die Pflegeexpertin in der Schweiz by André Keil
Cover of the book Der Begriff 'Communio' in seiner Gründbedeutung für das Christentum by André Keil
Cover of the book Juchitan - ein Überblick by André Keil
Cover of the book From structural adjustment to privatisation in Nigeria by André Keil
Cover of the book Denkmäler der Arbeit und Opfer der Arbeit in Dortmund by André Keil
Cover of the book Die Agoge. Erziehung und Ausbildung im antiken Sparta: Idealbürger oder Kriegsroboter? by André Keil
Cover of the book Kann philosophisches Fragen gefährlich sein? by André Keil
We use our own "cookies" and third party cookies to improve services and to see statistical information. By using this website, you agree to our Privacy Policy