Author: | Julia Krknjak | ISBN: | 9783638391641 |
Publisher: | GRIN Verlag | Publication: | June 29, 2005 |
Imprint: | GRIN Verlag | Language: | German |
Author: | Julia Krknjak |
ISBN: | 9783638391641 |
Publisher: | GRIN Verlag |
Publication: | June 29, 2005 |
Imprint: | GRIN Verlag |
Language: | German |
Studienarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Rhetorik / Phonetik / Sprechwissenschaft, Note: 1,3, Universität Karlsruhe (TH) (Institut für Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Rhetorik, 15 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Funktionswandel keiner anderen klassischen rhetorischen Gattung ist so groß wie der der politischen Rede. Die politische Rede wurde früher gezielt dazu eingesetzt, bestimmte Wählerentscheidungen herbeizuführen und die politische Praxis zu lenken. Dabei kamen in der politischen Rede auch andere Redegattungen vor, wie zum Beispiel Lob und Tadel aus der Festrede. 'Wir stehen dagegen im modernen Verwaltungsstaat vor der Situation, dass nur in seltenen Fällen noch Entscheidungen durch Beratungsreden, also etwa durch Reden und Debatten im Parlament, herbeigeführt werden. Vielmehr sind die Entscheidungen in der Regel längst gefallen, in Ausschüssen und Gremien, die ohne Öffentlichkeit arbeiten, in denen Mehrheitsverhältnisse, Absprachen und Koalitionen die Ergebnisse herbeiführen. Diese Ergebnisse müssen nachträglich vor der Öffentlichkeit vertreten und zur Akzeptanz gebracht werden.' Die Rolle der Rhetorik und ihre Ziele haben sich also verändert. 'Solche Erfordernisse haben nicht nur eine politische Werberhetorik hervorgebracht (...) sondern auch neue rhetorische Strategien'. Eine davon ist, bestimmte Vorüberlegungen und Vorentscheidungen an die Öffentlichkeit zu bringen, die gar nicht ernsthaft erwogen werden, um dann das eigentliche, kleinere Ziel nachzuschieben. Die aufgeschreckte Bevölkerung akzeptiert nun das kleinere Übel in dem Glauben, das Schlimmste abgewendet zu haben (wie in den Steuerdebatten nach der Bundestagswahl 2002) und glaubt auch noch durch ihren Protest an dem Ergebnis mitgewirkt zu haben. Ein ähnlicher Mechanismus kommt bei politischen Skandalen zu Tage: es werden nachgeordnete Fehlentscheidungen eingeräumt, drittrangige Versäumnisse, um die Verantwortung für das wirkliche Geschehen auf Nebenschauplätze zu lenken. 'Wenn Entscheidung über Zukünftiges nicht mehr Hauptziel politischer Rede und Diskussion ist, sondern der nachträgliche Konsens über getroffene Entscheidungen, dann wird die politische Rede die Institutionen und Medien beherrschen, in denen über den Konsens entschieden wird, und das sind in unserer Gesellschaft die Massenmedien und Bildungsinstitutionen.
Studienarbeit aus dem Jahr 2002 im Fachbereich Rhetorik / Phonetik / Sprechwissenschaft, Note: 1,3, Universität Karlsruhe (TH) (Institut für Literaturwissenschaft), Veranstaltung: Rhetorik, 15 Quellen im Literaturverzeichnis, Sprache: Deutsch, Abstract: Der Funktionswandel keiner anderen klassischen rhetorischen Gattung ist so groß wie der der politischen Rede. Die politische Rede wurde früher gezielt dazu eingesetzt, bestimmte Wählerentscheidungen herbeizuführen und die politische Praxis zu lenken. Dabei kamen in der politischen Rede auch andere Redegattungen vor, wie zum Beispiel Lob und Tadel aus der Festrede. 'Wir stehen dagegen im modernen Verwaltungsstaat vor der Situation, dass nur in seltenen Fällen noch Entscheidungen durch Beratungsreden, also etwa durch Reden und Debatten im Parlament, herbeigeführt werden. Vielmehr sind die Entscheidungen in der Regel längst gefallen, in Ausschüssen und Gremien, die ohne Öffentlichkeit arbeiten, in denen Mehrheitsverhältnisse, Absprachen und Koalitionen die Ergebnisse herbeiführen. Diese Ergebnisse müssen nachträglich vor der Öffentlichkeit vertreten und zur Akzeptanz gebracht werden.' Die Rolle der Rhetorik und ihre Ziele haben sich also verändert. 'Solche Erfordernisse haben nicht nur eine politische Werberhetorik hervorgebracht (...) sondern auch neue rhetorische Strategien'. Eine davon ist, bestimmte Vorüberlegungen und Vorentscheidungen an die Öffentlichkeit zu bringen, die gar nicht ernsthaft erwogen werden, um dann das eigentliche, kleinere Ziel nachzuschieben. Die aufgeschreckte Bevölkerung akzeptiert nun das kleinere Übel in dem Glauben, das Schlimmste abgewendet zu haben (wie in den Steuerdebatten nach der Bundestagswahl 2002) und glaubt auch noch durch ihren Protest an dem Ergebnis mitgewirkt zu haben. Ein ähnlicher Mechanismus kommt bei politischen Skandalen zu Tage: es werden nachgeordnete Fehlentscheidungen eingeräumt, drittrangige Versäumnisse, um die Verantwortung für das wirkliche Geschehen auf Nebenschauplätze zu lenken. 'Wenn Entscheidung über Zukünftiges nicht mehr Hauptziel politischer Rede und Diskussion ist, sondern der nachträgliche Konsens über getroffene Entscheidungen, dann wird die politische Rede die Institutionen und Medien beherrschen, in denen über den Konsens entschieden wird, und das sind in unserer Gesellschaft die Massenmedien und Bildungsinstitutionen.