Alte Nester

Zwei Bücher Lebensgeschichten

Nonfiction, Reference & Language, Foreign Languages, German, Fiction & Literature, Westerns, Classics
Cover of the book Alte Nester by Wilhelm Raabe, Verlagsanstalt Hermann Klemm A.-G.
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Author: Wilhelm Raabe ISBN: 1230000281437
Publisher: Verlagsanstalt Hermann Klemm A.-G. Publication: November 19, 2014
Imprint: Language: German
Author: Wilhelm Raabe
ISBN: 1230000281437
Publisher: Verlagsanstalt Hermann Klemm A.-G.
Publication: November 19, 2014
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Erstes Kapitel.

Eine Blume, die sich erschließt, macht keinen Lärm dabei; auch das, was man von der Aloe in dieser Beziehung behauptet, halte ich für eine Fabel. Auf leisen Sohlen wandeln die Schönheit, das wahre Glück und das echte Heldentum. Unbemerkt kommt alles, was Dauer haben wird in dieser wechselnden, lärmvollen Welt voll falschen Heldentums, falschen Glücks und unechter Schönheit; und es ist kein eitles, sich überhebendes Wort, was ich hier zu Anfang dieser Blätter hinsetze; denn es sind die Lebensgeschichten anderer Leute, die ich beschreiben will, nicht meine eigenen. Das Heldentum und die Schönheit der Rolle, die ich dabei abspiele, lassen sich wohl halten in der hohlen Hand. Aber eines ist auch wahr und darf gesagt werden: Glück, viel Glück habe ich wohl nicht gehabt, aber doch dann und wann mein Behagen, meine Belustigung und meine Ergötzlichkeiten; und das alles ist gleichfalls ganz natürlich und ziemlich unbemerkt gekommen und gegangen, — so daß es heute, in den gegenwärtigen stillen, nachdenklichen, überlegenden Stunden nichts Erstaunenswürdigeres für mich gibt als mein unleugbar vorhandenes Wohlgefallen nicht nur an der Welt, sondern auch immer noch an mir.
Mein erstes Aufblicken in dieser Welt fällt in die Zeit der Gründung des deutschen Zollvereins, also in den Anfang der vierziger Jahre dieses Säkulums. Wer eine Ahnung davon hatte, daß aus dieser anfangs etwas unbequemen und viel bestrittenen Institution einmal das einige Deutsche Reich aufwachsen könne, behielt dieselbe ruhig für sich, und eine kleine Ausnahme machte da vielleicht nur ein kleiner Mann im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten in Paris, Mr. Louis Adolphe Thiers genannt. Das deutsche Volk ließ sich murrend, wenn auch nach seiner Art gutwillig, die ersten Lebensbedürfnisse und vor allem das Salz durch den segensreichen politischen Schachzug verteuern.
Da war nun so ein Stätlein (auf die Landkarte bitte ich dabei nicht zu sehen), das diesem „preußischen Verein“ beigetreten war, aber seine Planetenstelle nicht verändern konnte, sondern liegen bleiben mußte, wo es lag: nämlich ganz und gar umgeben von einem anderen Staat, der nicht „beigetreten“ war, und das junge Reichsvolk von heute hat gottlob keine Idee davon, was das seinerzeit bedeutete, obgleich es eigentlich noch gar so lange nicht her ist. Zog der eine deutsche Bruder seinen Grenzkordon, so zog ihn der andere ebenfalls. Daß wir im ganzen das deutsche Volk und der erlauchte deutsche Bund dabei blieben, konnte den Zeitungsleser nur mäßig erquicken und ihn höchstens ganz kosmopolitisch in seiner Selbstachtung über dem Wasser erhalten.
Die Hauptsache für mich, auch heute noch, ist, daß das, was damals von zivilversorgungsberechtigten Militärpersonen vorhanden war, fest darauf rechnen durfte, „unter die Steuer gesteckt zu werden“, und daß mein braver, seliger Vater mit dem Titel Herr Kontrolleur natürlich gleichfalls hineinfiel, und meine Mutter ebenso selbstverständlich mit ihm. Meine erste deutliche Lebenserinnerung aber ist, daß ich von einem Wagen gehoben und in ein Haus getragen wurde, das mir aus einem einzigen großmächtigen, kindlich ungeheuerlichen schwarzen Scheunenflur, einer Rauchwolke unter der Decke und zwei Reihen Kuhkrippen, nebst den dazugehörigen heraäugigen, hauptschüttelnden, kettenrasselnden gekrönten Herrschaften zu bestehen schien.

 

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Erstes Kapitel.

Eine Blume, die sich erschließt, macht keinen Lärm dabei; auch das, was man von der Aloe in dieser Beziehung behauptet, halte ich für eine Fabel. Auf leisen Sohlen wandeln die Schönheit, das wahre Glück und das echte Heldentum. Unbemerkt kommt alles, was Dauer haben wird in dieser wechselnden, lärmvollen Welt voll falschen Heldentums, falschen Glücks und unechter Schönheit; und es ist kein eitles, sich überhebendes Wort, was ich hier zu Anfang dieser Blätter hinsetze; denn es sind die Lebensgeschichten anderer Leute, die ich beschreiben will, nicht meine eigenen. Das Heldentum und die Schönheit der Rolle, die ich dabei abspiele, lassen sich wohl halten in der hohlen Hand. Aber eines ist auch wahr und darf gesagt werden: Glück, viel Glück habe ich wohl nicht gehabt, aber doch dann und wann mein Behagen, meine Belustigung und meine Ergötzlichkeiten; und das alles ist gleichfalls ganz natürlich und ziemlich unbemerkt gekommen und gegangen, — so daß es heute, in den gegenwärtigen stillen, nachdenklichen, überlegenden Stunden nichts Erstaunenswürdigeres für mich gibt als mein unleugbar vorhandenes Wohlgefallen nicht nur an der Welt, sondern auch immer noch an mir.
Mein erstes Aufblicken in dieser Welt fällt in die Zeit der Gründung des deutschen Zollvereins, also in den Anfang der vierziger Jahre dieses Säkulums. Wer eine Ahnung davon hatte, daß aus dieser anfangs etwas unbequemen und viel bestrittenen Institution einmal das einige Deutsche Reich aufwachsen könne, behielt dieselbe ruhig für sich, und eine kleine Ausnahme machte da vielleicht nur ein kleiner Mann im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten in Paris, Mr. Louis Adolphe Thiers genannt. Das deutsche Volk ließ sich murrend, wenn auch nach seiner Art gutwillig, die ersten Lebensbedürfnisse und vor allem das Salz durch den segensreichen politischen Schachzug verteuern.
Da war nun so ein Stätlein (auf die Landkarte bitte ich dabei nicht zu sehen), das diesem „preußischen Verein“ beigetreten war, aber seine Planetenstelle nicht verändern konnte, sondern liegen bleiben mußte, wo es lag: nämlich ganz und gar umgeben von einem anderen Staat, der nicht „beigetreten“ war, und das junge Reichsvolk von heute hat gottlob keine Idee davon, was das seinerzeit bedeutete, obgleich es eigentlich noch gar so lange nicht her ist. Zog der eine deutsche Bruder seinen Grenzkordon, so zog ihn der andere ebenfalls. Daß wir im ganzen das deutsche Volk und der erlauchte deutsche Bund dabei blieben, konnte den Zeitungsleser nur mäßig erquicken und ihn höchstens ganz kosmopolitisch in seiner Selbstachtung über dem Wasser erhalten.
Die Hauptsache für mich, auch heute noch, ist, daß das, was damals von zivilversorgungsberechtigten Militärpersonen vorhanden war, fest darauf rechnen durfte, „unter die Steuer gesteckt zu werden“, und daß mein braver, seliger Vater mit dem Titel Herr Kontrolleur natürlich gleichfalls hineinfiel, und meine Mutter ebenso selbstverständlich mit ihm. Meine erste deutliche Lebenserinnerung aber ist, daß ich von einem Wagen gehoben und in ein Haus getragen wurde, das mir aus einem einzigen großmächtigen, kindlich ungeheuerlichen schwarzen Scheunenflur, einer Rauchwolke unter der Decke und zwei Reihen Kuhkrippen, nebst den dazugehörigen heraäugigen, hauptschüttelnden, kettenrasselnden gekrönten Herrschaften zu bestehen schien.

 

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