... Cangrande sah, wie seine junge Freundin ein hübsches Gähnen verwand. Unter solchen Umständen ergriff er das Wort und fragte: »Erzählst du uns eine wahre Geschichte, mein Dante, nach Dokumenten? oder eine Sage des Volksmunds? oder eine Erfindung deiner bekränzten Stirne?" Dieser antwortete langsam betonend: »Ich entwickle meine Geschichte aus einer Grabschrift.« »Aus einer Grabschrift?« »Aus einer Grabschrift, die ich vor Jahren bei den Franziskanern in Padua gelesen habe. Der Stein, welcher sie trägt, lag in einem Winkel des Klostergartens, allerdings unter wildem Rosengesträuch versteckt, aber doch den Novizen zugänglich, wenn sie auf allen Vieren krochen und sich eine von Dornen zerkritzte Wange nicht reuen ließen. Ich befahl dem Prior - will sagen, ich ersuchte ihn, den fraglichen Stein in die Bibliothek zu versetzen und unter die Hut eines Greises zu stellen.« »Was sagte denn der Stein?«, ließ sich jetzt die Gemahlin des Fürsten nachlässig vernehmen. »Die Inschrift«, erwiderte Dante, »war lateinisch und lautete: Hic jacet monachus Astorre cum uxore Antiope. Sepeliebat Azzolinus.« »Was heißt denn das?«, fragte die andere neugierig. Cangrande übersetzte fließend: »Hier schlummert der Mönch Astorre neben seiner Gattin Antiope. Beide begrub Ezzelin.« ...
... Cangrande sah, wie seine junge Freundin ein hübsches Gähnen verwand. Unter solchen Umständen ergriff er das Wort und fragte: »Erzählst du uns eine wahre Geschichte, mein Dante, nach Dokumenten? oder eine Sage des Volksmunds? oder eine Erfindung deiner bekränzten Stirne?" Dieser antwortete langsam betonend: »Ich entwickle meine Geschichte aus einer Grabschrift.« »Aus einer Grabschrift?« »Aus einer Grabschrift, die ich vor Jahren bei den Franziskanern in Padua gelesen habe. Der Stein, welcher sie trägt, lag in einem Winkel des Klostergartens, allerdings unter wildem Rosengesträuch versteckt, aber doch den Novizen zugänglich, wenn sie auf allen Vieren krochen und sich eine von Dornen zerkritzte Wange nicht reuen ließen. Ich befahl dem Prior - will sagen, ich ersuchte ihn, den fraglichen Stein in die Bibliothek zu versetzen und unter die Hut eines Greises zu stellen.« »Was sagte denn der Stein?«, ließ sich jetzt die Gemahlin des Fürsten nachlässig vernehmen. »Die Inschrift«, erwiderte Dante, »war lateinisch und lautete: Hic jacet monachus Astorre cum uxore Antiope. Sepeliebat Azzolinus.« »Was heißt denn das?«, fragte die andere neugierig. Cangrande übersetzte fließend: »Hier schlummert der Mönch Astorre neben seiner Gattin Antiope. Beide begrub Ezzelin.« ...